Nothing true at all
Frauke Hunfeld
Irgendetwas muss an dem Schaf gewesen sein, oder vielleicht nur an der Art, wie es einen angesehen hat. Diese Frauen, die tanzen so fröhlich, aber ist das Rot ihrer Kleider Blut oder Liebe? Und wo sind ihre Köpfe? Dieser dunkle Blick, dieser Wald aus Glück, wandernde Pflanzen, die plötzlich Gesichter haben und damit eine Seele. An was werden wir einmal denken, wenn das hier vorbei ist, woran werden wir uns erinnern? Wovon werden wir träumen?
Es sind fotografische Fragmente von Ländern, Gesichtern, Körpern, Strukturen, die Ludwig Rauch aus aller Welt mitgebracht und zu Bildern komponiert hat. Es sind Situationen, Räume, Athmosphären, die in ihre Einzelteile zerbrechen, und plötzlich ein Eigenleben führen, eine eigene Geschichte erzählen oder einfach nur die Wirklichkeit Lügen strafen. Wir kennen diese Bilder, aber wir erkennen sie nicht gleich. Doch nichts von alledem ist erfunden.
"Nothing true at all" überschreitet Grenzen - die Grenzen des Mediums der Fotografie, die hier wie Malerei wirkt, die Grenzen der Logik, und die Grenzen des ewigen Kreislaufs von Ursache und Wirkung. Ludwig Rauchs Bilder sind Wunderwelten, schwerelos, multidimensional, sinnlich, beängstigend und fröhlich zugleich. Die Wahrheit dieser Bilder besteht nicht in klaren Formen oder festen Körpern. Ihre Wahrheit sind die Gefühle, die Erinnerungen, die Visionen, auch die Ängste eines Moments, die Freuden einer Sekunde, das Glück und das Unglück, das sich in unserer Seele vermischt. Es dürfte kein Zufall sein, dass in Zeiten wie diesen ein Bild wie das vom Berliner
Teufelsberg in "Somebody You Know Is a Threat" neue Gestalt annimmt, und die Bedrohlichkeit und gleichzeitige Verspieltheit entspricht unser aller Fragen, ob das Abfangen unserer Gedanken nun der Anfang oder das Ende unserer Freiheit ist. Furcht und Schönheit liegen in diesen Bildern nah beieinander, auch Komik, Klage und Zerrissenheit. Ludwig Rauchs neue Bilder sind wie visualisierte Neuronengewitter, die die Tage, die Jahre, die unsere Zeit verarbeiten, all die vielen Bruchstücke von Bildern, Informationen, Farben, Gefühlen aus einer Wirklichkeit, die nur so tut, als wäre sie logisch, stringent und kalkulierbar.